🐾 Zwischen Mythos und Wahrheit – was die Wissenschaft über Hunde sagt

Wie oft begegnen mir im Gespräch mit MenschHundTeams hartnäckige Vorstellungen darüber, wie Hunde „ticken“ – und wie wir als Bezugspersonen darauf reagieren sollten. Viele dieser Vorstellungen klingen einleuchtend, sind tief verwurzelt … und trotzdem längst wissenschaftlich widerlegt.

Höchste Zeit also, mit etwas liebevoller Klarheit und aktuellen Erkenntnissen aufzuräumen.

„Der will doch nur spielen …“

Ach ja – einer der Klassiker. Ein Hund rast auf einen anderen zu, vielleicht mit hochgestellter Rute, forderndem Blick, lautem Bellen. Nicht selten heißt es dann: „Keine Sorge, der will doch nur spielen!“

Doch echtes Spiel unter Hunden folgt klaren Regeln – es ist sozial fein abgestimmt. Die Verhaltensforscherinnen Alexandra Horowitz und Julie Hecht zeigten bereits 2016, dass Hunde beim Spielen ständig aufeinander achten, sich einladen, Signale korrigieren und gemeinsam Spaß haben. Wenn einer der beiden sichtbar gestresst ist oder ausweichen will, ist es kein Spiel mehr – auch wenn es vielleicht so aussieht.

🌀 Ein Blick aufs Hundeverhalten mit geschultem Auge kann hier viel Missverständnis vermeiden – und sorgt für echte Entspannung in Hundebegegnungen.

„Hunde brauchen einen Rudelführer“

Diese Vorstellung ist erstaunlich hartnäckig – dass Hunde angeblich einen „Alphawolf“ brauchen, der mit Konsequenz und klarer Dominanz vorangeht. Die Wurzeln dieser Theorie stammen aus Wolfsbeobachtungen in Gefangenschaft, die längst überholt sind.

Die moderne Verhaltensbiologie weiß heute: Hunde sind keine Wölfe im Wohnzimmer – und selbst in freier Wildbahn führen Wölfe ein kooperatives Familienleben. Eine Forschungsgruppe um McGreevy (2017) fand heraus, dass Hunde deutlich besser auf klare, verlässliche und positive Führung reagieren als auf harte, dominante Maßnahmen.

🔑 Das bedeutet: Beziehung aufbauen, Vertrauen schenken, klare Rahmen setzen – statt „Rudelführer“ zu spielen.

„Hunde brauchen mindestens 3 Stunden Bewegung am Tag!“

Klingt logisch – viel Auslauf, viel Bewegung, viel Energie loswerden … oder? Tatsächlich brauchen Hunde aber nicht pauschal ein bestimmtes Pensum.

Eine US-amerikanische Studie eines Forscherteams um Fratkin (2021) zeigt: Der individuelle Bewegungsbedarf hängt nicht nur von der Rasse, sondern auch von Alter, Charakter, Vorerfahrungen und der inneren Ausgeglichenheit ab. Manchmal ist weniger mehr – wenn Reize überfordern, Unruhe entsteht oder das Nervensystem keine Zeit zum Runterfahren bekommt.

🧩 Viel wichtiger ist also: die richtige Mischung aus Auslastung, Entspannung, Kommunikation und Bindung – abgestimmt auf die individuelle Fellnase.

„Der braucht mal ’ne klare Ansage!“

Oft gehört, wenn ein Hund pöbelt, nicht gehorcht oder aus dem Rahmen fällt. Doch „klare Ansagen“ im Sinne von Lautstärke, Strenge oder sogar Strafe führen selten zum Ziel.

Die britische Forscherin Westgarth und ihr Team konnten 2018 zeigen, dass viele problematische Verhaltensweisen nicht aus Trotz entstehen, sondern aus Frustration, Angst oder Unsicherheit. Ein Hund, der vermeintlich „frech“ ist, sucht oft Orientierung oder Schutz – und reagiert sensibel auf die Haltung seines Menschen.

💡 Wenn Du beginnst, Verhalten zu verstehen, statt es zu bewerten, verändert sich ganz viel – für Euch beide.

„Mein Hund zieht, weil er mich dominieren will!“

Ein sehr verbreiteter Irrglaube – und einer, der oft zu Leinenrucks, Korrekturketten und Verunsicherung führt. In einer Untersuchung von Grainger und Kolleg:innen (2020) zeigte sich: Ziehen an der Leine hat in der Regel nichts mit Dominanz zu tun, sondern mit Überforderung, Erregung, fehlender Orientierung oder auch schlicht mit Gewohnheit.

Mit der richtigen Begleitung können wir genau hier ansetzen: Orientierung fördern, Kommunikation stärken, Alternativen anbieten. Kleine Alltagsinseln helfen ebenso wie gezielte Suchspiele oder Mini-Sequenzen zur Selbstwirksamkeit – individuell abgestimmt.

🌿 Verhaltensveränderung braucht Geduld – und einen klaren, liebevollen Rahmen.

Mein Fazit für Dich:

Verhalten entsteht nie im luftleeren Raum. Unsere Hunde spiegeln nicht nur die Welt um sich herum, sondern auch die Beziehung, die wir mit ihnen leben.

Lass Dich nicht verunsichern von alten Mythen oder gut gemeinten Ratschlägen. Es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Wissenschaft und Empathie schließen sich nicht aus – im Gegenteil: Sie ergänzen sich wunderbar.

Wenn Du das Gefühl hast: „Irgendwas läuft bei uns gerade nicht rund – aber ich weiß nicht, woran es liegt“ – dann darfst Du wissen: Du bist nicht allein. Und es gibt Wege, die Euch als MenschHundTeam wieder in Einklang bringen.

🔍 Lass uns gemeinsam hinschauen – mit Herz, Verstand und einem offenen Ohr für Deine Fragen.
Schreib mir gern eine Nachricht oder buche Dir direkt Dein kostenloses Erstgespräch per WhatsApp oder E-Mail.

Ich freue mich auf Euch. 🐾

Liebe PfotenGrüße
Carmen 👩‍🌾🐶🌿❤️

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