Princess – von hochaggressiv zu gesellschaftsfähig

Ein Praxisfall – Anamnese und Erfahrungsbericht Teil 2

Heute geht es noch einmal in meinem BlogArtikel um Prinzess – der reaktiven AmStaff Mastino- Napoletano- Hündin aus dem Tierschutz. In diesem 2. Teil erfahrt ihr den weiteren Ablauf der BlickwechselTherapie, das Anamneseergebnis und einen Bericht über die ersten Schritte und Beobachtungen der Therapie. Du hast den ersten Teil noch nicht gelesen? Hier der Link: Princess – von hochaggressiv zu gesellschaftsfähig – Carmen Niedziella

Nach Sammlung aller Informationen setzte ich mich im nächsten Schritt daran, zu sortieren, zusammenzufügen und zu analysieren. Dazu nutze ich meine wissenschaftlichen unterlegte Verhaltenstherapie, die auf einer Analyse von Problemverhalten, den Auslösern, den Funktionen und Umständen beruht. Aber auch die Lebensbedingungen, Erfahrungen, emotionale Zustände und ggfs. auch psychosomatische Erkrankungen fließen in die Anamnese Auswertung mit ein.

So auch bei Princess: Die Vorgeschichte (Anzedenzien), der erste Schritt meiner Analyse, wie auch die Beschreibung Ihres Verhaltens (Behaviour) konntet ihr bereits im ersten Teil von Prinzess Geschichte erfahren. Im zweiten Teil lege ich nun das Ziel (Consequenz) fest, welches Princess mit ihrem jeweiligen Verhalten erreichen möchte. Dies ist ein sehr wichtiger Schritt – denn hier kann später der Aufbau der Therapie beginnen. Nur wenn ich das Ziel kenne, welches der Hund mit seinem Verhalten verfolgt, kenne ich seine Motivation und kann diese umlenken in ein anderes Verhalten. Ich gebe dem Hund die Möglichkeit eine andere Entscheidung zu treffen, die jedoch ebenfalls zu seiner Motivation passt.

Ziel /Motivation

Bei Princess war es sehr deutlich, dass sie bei Ihren gezeigten Aggressionen gegenüber bestimmt aussehenden Menschen, insbesondere Männer, mit denen sie in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gesammelt hatte, eine höhere Distanz aufbauen wollte. Sie bat förmlich darum, ihre Individualdistanz einhalten zu dürfen.

 

Das Anbellen unbekannter Gegenstände liegt in Prinzess starker Unsicherheit und soll das unbekannte Stück von ihr fernhalten, damit sie es in Ruhe und bereits mit Abstand erkunden und Reaktionen beurteilen kann. Übrigens ein natürliches Verhalten, welches alle Hunde von Ihren Vorfahren erlernt haben – bei Hunden mit negativen Erfahrungen benötigt diese „Kennlernphase“ jedoch eine längere Zeit und durchaus auch eine größere Entfernung.

Das extreme Verhalten, wenn Princess Spiegelungen und Schatten wahrnimmt, sei es tatsächlich ihr Spiegelbild, aber auch Reflexionen auf glänzenden Flächen, zeigt ein stereotypes Verhalten (starren – einfrieren – lauern – warnen). Prinzess möchte hier ein inneres Gleichgewicht wieder herstellen (Appetenz). Ihre innere Unruhe, verursacht durch die bereits im Welpenalter entstandene Angststörung, versucht Prinzess durch eine Handlung eine Befriedigung zu finden. Dabei werden Endorphine freigesetzt, die „GlücklichMacher“, und auch Dopamin – welches verantwortlich ist für Suchtverhalten. Verhalten ist eine Abfolge von chemischen Prozessen – Carmen Niedziella

So wird aus dem exzessivem Verhalten ein belohnendes Verhalten. Wird der Hund immer wieder die Möglichkeit haben, Schatten oder Reflexionen zu „jagen“, erlernt der Hund damit eine Erfolgsstrategie, um den erhöhten Hormoncocktail, abzubauen. Häufig taucht diese Reaktion dann auch in anderen Situationen auf.

Daher nutzt Prinzess auch bei bestimmter Filmmusik, die sie irgendwann einmal mit einer für sie verängstigten Situation verknüpft haben muss, ebenfalls diese bereits erlernte Strategie, um den Stresspegel wieder zu senken.

Mein Anamnese- Ergebnis (verkürzt):

Princess ist leider unter sehr schwierigen Bedingungen aufgewachsen. Wie sehr insbesondere die ersten Wochen und Monate eines Welpen und Junghundes einen Einfluss auf Verhalten ausübt, habe ich ja bereits in mehreren Blogartikeln erwähnt. Zu früh von der Mutter getrennt, sehr schlechte Lebensbedingungen, Kampf ums Futter, Dauerstress und wenig bis keine Umwelterfahrungen in den ersten Wochen Ihres Lebens. Hinzu kommen angsteinflößenden Erfahrungen mit Männern in der Welpen/Junghund Phase.

Der Verlust des Hundepartners Haribo, verunsicherten Princess zusätzlich. Denn an ihm konnte sich Princess orientieren und sich hündisches Verhalten in schwierigen Situationen abschauen.

Nun selbst weiter Erfahrungen zu sammeln, um eigene gelassene Lösungen zu finden, wurde durch Corinna nicht zugelassen. Verständlicherweise. Denn auf Grund Princess bisherigem Verhalten, wurde jeglicher Kontakt zu anderen fremden Menschen und Hunden so weit wie nur möglich gemieden.

Auch die Hormone, die für eine gute Stressregulation wichtig sind, spielen ebenfalls eine große Rolle. Adrenalin und Cortisol baute sich stetig auf und eine bei Princess aus gesundheitlichen Gründen vorgenommene Kastration, nahm Princess zusätzlich das eigentlich beruhigende Östrogen Kastration – Das Wundermittel bei unerwünschtem Verhalten ? – Carmen Niedziella.

Welche ersten Therapieschritte haben wir im letzten Jahr umgesetzt:

Zunächst war es wichtig alle gesundheitlichen Faktoren, die ein aggressives Verhalten ebenso begründen können, auszuschließen.  Die ein oder andere „Baustelle“ wurde hier direkt behandelt und bis heute besucht Princess regelmäßig Merle in der Physiotherapie. Hundepraxis – Familie Franck

(Video von Prinzess im Laufband)

Corinna wurde ein Werkzeug zur besseren Kommunikation mit Princess an die Hand gegeben. Damit kann Corinna ihrer Princess nun sekündlich genau gutes Verhalten belohnen. Unerwünschtes Verhalten wurde hingegen ab sofort „ignoriert“ oder mit Managementmaßnahmen die Situation verbessert.

Auf CoachWalks vermittelte ich Corinna das rechtzeitige Erkennen von Körpersignalen und den dann richtigen Handlungen, welches auch Corinna den Stress nahm.

Auf einer eingezäunten Hundewiese habe ich mit Corinna weitere Übungen zur bedürfnisgerechten Beschäftigung aufgebaut, aber auch wichtige Signale erlernt, die später in schwierigen Situationen Princess unterstützen werden.

Um weitere Sicherheit für Princess aufzubauen, war eine strukturierte und bedürfnisgerechte Beschäftigung erforderlich, die Corinna täglich an vielen Stationen des großen Gassi Ganges Princess anbietet. Dieser wichtige Baustein, gibt Prinzess eine Reihe von Erfolgserlebnissen und ihr Selbstbewusstsein wird gestärkt. Wichtig, um schwierige Situationen meistern zu gönnen. Die gemeinsame tägliche Teamarbeit fördert das Zusammenspiel im MenschHundTeam.

Nach ein paar Wochen konnte Corinna bereits Veränderungen in Prinzess Verhalten bemerken. Immer wieder übersendete sie mir in unserem regelmäßigen Austausch auch Videos, mit erleichternden Worten:

Natürlich sind wir auch nach einem Jahr noch nicht am Ende – denn das Thema Entscheidungsfreiheit – eine weitere Säule des Enrichment ist noch offen und wird Princess noch mal einen Schritt weiter bringen zu mehr Gelassenheit und Kontrolle in schwierigen Situationen.

 Corinna hat mit ihrem hohen Engagement jetzt einen Grundstein gelegt, um auch weiter an den Themen: Aggression bei Licht- und Schattenreflexen, wie auch der Geräuschangst zu arbeiten. Erstaunlich wie ich finde: Grad gestern berichtete mir Corinna bei einem CoachWalk, dass sich diese Arten von Aggression schon merklich in den o.g. Situationen gebessert hat! Und das, obwohl wir bislang „nur“ an dem Selbstbewusstsein, einer besseren Kommunikation und bedürfnisgerechter Beschäftigung gearbeitet haben und nicht an den Symptomen!

Wie geht es Princess heute?

(Erfahrungsbericht per WhatsApp von Corinna vom 26.04.2025)

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